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Skywalk Neubau Nationalparkzentrum Schwarzwald

Ruhestein - Neubau Nationalparkzentrum Schwarzwald

Der 2014 gegründete Nationalpark Schwarzwald zog Jahr für Jahr immer mehr Besucherinnen und Besucher an. Sie werden seit Oktober 2020 in einem außergewöhnlichen Neubau empfangen. Das Informations- und Besucherzentrum stellt das architektonische Tor zum Nationalpark dar. Hier finden die Gäste alles rund um ihren Besuch des Nationalparks.

Anlass für den Neubau

Ein Nationalpark dient neben dem Naturschutz auch dazu, die Bürgerinnen und Bürger über umweltrelevante Themen zu informieren. Deshalb kam bereits bei der Gründung des Nationalparks der Wunsch nach einem Besucherzentrum auf. Dessen Standort war schnell ausgemacht: Es sollte in direkter Nachbarschaft zur Verwaltung des Nationalparks entstehen. Diese ist am sogenannten Ruhestein, einer Passhöhe an der Schwarzwaldhochstraße, untergebracht.

Von einem Neubau für ein Nationalparkzentrum wird erwartet, dass er sich sensibel in die unter Schutz stehende Umgebung einfügt. Doch nicht nur das: das Gebäude sollte zudem die Nationalparkidee „Natur Natur sein lassen“ architektonisch zum Ausdruck bringen. Eine äußerst anspruchsvolle Aufgabenstellung, weshalb das Land Baden-Württemberg im Jahr 2015 einen offenen Planungswettbewerb ausgelobt hat.

Das Nationalparkzentrum im Schnee

Entwurfsansatz

Acht lange Riegel, die wie Totholzstämme kreuz und quer übereinander liegen: Der erste Preis übersetzte das eingängige Bild eines heimischen Urwalds, dessen wesentliches Kennzeichen das Totholz ist, überzeugend in Architektur. Durch den mikadoartigen Entwurfsansatz war es möglich, den Neubau behutsam in den sensiblen Naturraum der Umgebung einzufügen und den vorhandenen Baumbestand zu schützen.

Der Besuch beginnt im großzügigen Foyer, das die notwendige Infrastruktur eines Nationalparkzentrums vorhält: Kassenbereich, Garderoben, Shop und Toiletten. Von hier aus gelangen die Besucherinnen und Besucher in die Dauerausstellung. Die Ausstellung greift die Idee der übereinanderliegenden Gebäuderiegel auf und verbindet sie zu einem – nicht nur horizontalen, sondern auch vertikalen – Rundgang. Über Rampen und höhengestaffelte Kabinette tauchen die Gäste  langsam in den Wald ein. Während des Rundgangs durch die Ausstellung wird der Blick der Besucherinnen und Besucher durch Panoramafenster und „Blickluken“ gezielt in die geschützten Waldbereiche gelenkt. Am Ende des Rundgangs befindet sich der Bereich für die Wechselausstellungen. Hier beginnt auch der 65 Meter lange Skywalk, der das Nationalparkzentrum mit einem 34 Meter hohen Aussichtsturm verbindet. Der Ausblick in das angrenzende Tal und in den Nationalpark bilden den krönenden Abschluss des Besuchs.

Skywalk Nationalparkzentrum am Ruhestein

Besonderheiten des Gebäudes

Das neue Nationalparkzentrum ist ein echtes architektonisches Highlight im Holzbau, das selbst ein kleines Naturwunder ist: perfekt an Ort und Klima angepasst.

Nachhaltigkeit

Von vornherein war klar: Der Bau eines Nationalparkzentrums mitten im Schwarzwald entfaltet Vorbildwirkung. Daher sollte ein Aushängeschild für die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten des nachwachsenden Rohstoffs Holz entstehen. Im Ergebnis präsentiert sich ein innovativer Holzbau, bei dem verschiedene Holzarten und Holzwerkstoffe zum Einsatz kamen. Die konstruktiven Bauteile und die Innenausbauten bestehen vor allem aus heimischer Weißtanne, die charakteristische Schindelfassade aus Schwarzwald-Fichte.

Der hochwertige Wärmeschutz der Gebäudehülle weist Qualität eines Passivhauses auf, so dass der Neubau die gesetzlichen Vorgaben deutlich unterschreitet. Auch bei der Wärmeerzeugung kommt Holz als erneuerbare Energie zum Einsatz: zwei Holzpelletkessel sorgen für die Beheizung und für warmes Wasser. Im Sommer wird das Gebäude mit Kühlwasser aus den Löschwasserzisternen und Erdkollektorfeldern gekühlt.

In der Summe führten die Maßnahmen dazu, dass der Neubau nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) des Landes Baden-Württemberg mit dem Zertifikat Silber ausgezeichnet wurde.

Statik

Die bautechnische Umsetzung des bildhaften Entwurfs stellte sowohl für die Ingenieurbüros als auch für die Handwerksbetriebe eine große Herausforderung dar. Das komplexe statische Konzept aus mehreren übereinanderliegenden Brückenträgern geht an die Grenzen des konstruktiven Holzbaus. An Stellen, wo die physikalischen Kräfte zu groß werden, wurden daher hybride Konstruktionen aus Holz und Stahl eingesetzt.

Dazu kam, dass das Tragwerk angesichts der exponierten Lage des Gebäudes auf 900 Meter Höhe auf hohe Wind- und Grundschneelasten ausgelegt werden musste. Zudem waren Schneeverwehungen und besondere Lastfälle wie „Baumwurf“ und Erdbeben zu berücksichtigen. Zu guter Letzt entstanden aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit, die am Ruhestein an bis zu 200 Tage im Jahr herrscht, höchste Anforderungen an den konstruktiven Holzschutz.

Bauherr

Land Baden-Württemberg, vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim

Nutzer

Nationalpark Schwarzwald, Ruhestein

Projektleitung

Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim

Architekt und ARGE-Leitung

Sturm und Wartzeck GmbH, Dipperz

Bauleitung

Baumeister Architekten, Stuttgart

Gesamtbaukosten

35,5 Mio. Euro

Bauzeit

04/2017–10/2020

Dokumentation

zur Dokumentation auf YouTube

Auszeichnung

Beispielhaftes Bauen 2022 (Architektenkammer Baden-Württemberg)

Hugo-Häring-Auszeichnung (BDA 2023)