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Amt Pforzheim

Freudenstadt – Inneninstandsetzung der evangelischen Stadtkirche

Städtebau und Anlass

Die evangelische Stadtkirche Freudenstadt mit ihrer seltenen Winkelform ist ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung. Der Kirchenbau war ein wichtiger Baustein der am Reißbrett geplanten Stadt, die im Auftrag von Herzog Friedrich I. von Württemberg im Jahre 1599 entstand. Der Stadtgrundriss sah einen großen zentralen Marktplatz vor, der an den Ecken von winkelförmigen Gebäuden gefasst wird. Im südwestlichen Eck entstand ab 1601 im Renaissance-Stil der erste große protestantische Kirchenbau des Herzogtums.

Durch die Winkelform ließ sich die Anweisung des Herzogs Friedrich I. von Württemberg, dass Männer und Frauen getrennt voneinander sitzen sollen, baulich lösen. Diese Sitte war bis ins 19. Jahrhundert üblich und in Freudenstadt werden die beiden Kirchenschiffe bis heute als "Frauenschiff" und "Männerschiff" bezeichnet. Die Kanzel und der Altar befinden sich im Winkel der beiden Flügel, so dass dieser Bereich von beiden Kirchenschiffen eingesehen werden kann.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Freudenstadt großflächig zerstört. Dabei erlitt auch die Stadtkirche große Schäden. Beim 1950 abgeschlossenen Wiederaufbau orientierten sich die Architekten am ursprünglichen Bestand. Nachdem Ende der 1970er Jahre der Innenraum neu gestaltet und zur Jahrtausendwende die Fassaden sowie die Dächer renoviert wurden, erfolgte ab 2019 die Sanierung der Gebäudetechnik, die noch aus der Zeit des Wiederaufbaus stammte. Im Rahmen der Baumaßnahme wurde auch die Innenschale restauratorisch überarbeitet und die Barrierefreiheit hergestellt, sowie Bereiche für eine zeitgemäße Nutzung der Kirche geschaffen, wie zum Beispiel ein Eltern-Kind-Raum.

Innenraum mit Blick auf Orgel

Sanierung

Eine der Hauptmaßnahmen war der Austausch der veralteten Heizung und deren Umstellung von Öl auf Gas. Hierfür mussten die Fußbodenbeläge ausgebaut werden, um den Boden in beiden Kirchenschiffen im Bereich der Mittelgänge aufzugraben und in den dort vorhandenen Schächten Heizungsrohre zu verlegen. Diese führen zu acht neuen Thermostationen, aus denen Warmluft in den Kirchenraum abgegeben wird.

Im Zuge der Sanierung wurden auch die elektrischen Anlagen modernisiert und die Lautsprecheranlage erneuert. Zudem hielt neue Technik Einzug. Mittels zweier Beamer können die Lieder und Texte an die Wände projiziert werden, so dass sie von beiden Kirchenschiffen aus zu sehen sind. Dank einer Kamera können die Gottesdienste nun per Livestream in das Krankenhaus übertragen werden. Alle neuen Leitungen wurden im Fußboden verlegt. Damit konnten bauliche Eingriffe in die Wandoberflächen verhindert werden.

Altarraum Stadtkirche Freudenstadt

Darüber hinaus erhielten die Oberflächen des Innenraums in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege eine neue farbliche Fassung. Die Gestaltung des Kirchenraums wird von drei Grundelementen geprägt: Sandstein, Holz und Licht. Damit der Innenraum auch abends gut ausgeleuchtet ist, wurde die unter Denkmalschutz stehende Beleuchtung durch dezent platzierte Leuchten an der Decke ergänzt.

Die im Zuge der Sanierung überarbeiteten Kirchenbänke schaffen im Innenraum eine ruhige Gesamtatmosphäre. Der neu geschaffene Eltern-Kind-Raum im östlichen Seitenschiff ermöglicht nun auch Familien mit kleineren Kindern die Teilnahme am Gottesdienst. Hierfür wurde im „Männerschiff“ rechts vor der Sakristei eine durchgängige Glaswand eingebaut, die einen freien Blick auf den Altarraum ermöglicht. Ein Lautsprecher überträgt den Ton in den Eltern-Kind-Raum. Darüber hinaus wurden im hinteren Teil des „Frauenschiffs“ ein Platz für eine Ausstellung zur Kirchengeschichte und ein Bereich für das "Kirchencafé" geschaffen. Ebenfalls in diesem Bereich entstand vor dem Andachtsfenster ein Ort der Stille für Gebet und Andacht.

Bauherr, Projektleitung

Land Baden-Württemberg vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim

Nutzer

Evangelische Kirchengemeinde Freudenstadt

Architekt

Jarcke Architekten, Freudenstadt

Bauzeit

08/2019 – 06/2021

Gesamtbaukosten

2,9 Mio. Euro, davon 56 % durch das Land, 44 % durch die Kirche