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Universität Heidelberg

Heidelberg - Neubau Centre for Advanced Materials für die Universität

Der Neubau des Centre for Advanced Materials (CAM) stellt den dritten Abschnitt einer baulichen Entwicklung dar, die auf die Entscheidung der Universität Heidelberg zurückgeht, die laborintensiven Bereiche der Physikalischen Institute in das Neuenheimer Feld zu verlegen. Auf Grundlage des städtebaulichen Architektenwettbewerbs von 1997 wurden zuvor bereits die ersten beiden Bauabschnitte des Gesamtkomplexes – das Kirchhoff-Institut für Physik und das Physikalische Institut – realisiert.

Das CAM ist der materialwissenschaftlichen Forschung gewidmet. In dem Neubau arbeiten Studierende der ingenieur- und naturwissenschaftlichen sowie der mathematischen Disziplinen zusammen, um neue Materialien im Bereich der organischen Elektronik zu entwickeln, die die herkömmliche siliziumbasierte Elektronik ergänzen. Wenn es gelingen würde, Bauelemente wie Leuchtdioden, Solarzellen, Transistoren oder integrierte Schaltungen auch auf flexiblen Unterlagen wie Textilien und Folien im Druckverfahren herzustellen, könnten neue Anwendungsfelder in der Energie-, Kommunikations- und Beleuchtungstechnik erschlossen werden. Mit dem Neubau wird zudem die Möglichkeit eröffnet, universitäre Grundlagenforschung und industrienahe Forschung unter einem Dach zu vereinen.

Der viergeschossige Neubau setzt die Fluchten der zwei ersten Bauabschnitte fort. Gebäudehöhe, Proportionen und Fassadengestaltung machen die Zusammengehörigkeit der drei Gebäude deutlich. Das CAM besteht aus einem L-förmigen Riegel, in dessen Innenwinkel ein Kubus eingebettet ist. Dieser nimmt die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) auf und wurde wegen der speziellen Anforderungen baulich abgesetzt. Im Westen befindet sich der Nord-Süd-ausgerichtete Laborflügel, in dessen Erdgeschoss spezielle Reinraumbereiche zur Verfügung stehen. Deren hohe Raumqualität der Klasse 100  erlaubt,  dass  dort  Materialien  zu

Schichtsystemen oder elektronischen Bauteilen verarbeitet werden können. Im Norden schließt der Ost-West-ausgerichtete Büroflügel  an.  Alle  Gebäudeteile  sind  über  ein Untergeschoss verbunden. Dieses nimmt die zentrale Gebäudetechnik auf und ist an den vorhandenen Versorgungs- und Medienkanal angeschlossen.

Das Forschungsgebäude bietet Arbeitsplätze für etwa 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie externe kooperierende Forschungsgruppen. Sie finden jeweils die ihrem Aufgabengebiet entsprechenden besonderen Räumlichkeiten vor. Hierzu gehört insbesondere das zweigeschossige Gebäude für die Transmissionselektronenmikroskopie, die eine direkte Abbildung von Objekten mithilfe von Elektronenstrahlen ermöglicht. Im Kern besteht dieser Bereich aus zwei Räumen, die jeweils sieben Meter breit, hoch und tief sind. Die dort durchgeführten Experimente stellen sehr hohe Anforderungen an das Gebäude und die Umgebung in Hinsicht auf Vibrationen, Magnetfelder sowie Klimatisierung. Weil die hierfür benötigten TEM-Anlagen extrem erschütterungs- und magnetfeldempfindlich sind, wurde dieser Bereich nicht nur als freistehender Baukörper realisiert, sondern darüber hinaus mit einer ein Meter starken Bodenplatte schwingungsfrei gegründet. Der Gebäudeteil ragt als „goldener Kubus“ mit einem Geschoss aus dem Boden, sodass die Besonderheiten seiner Nutzung auch in Form und Gestaltung ablesbar sind.

Bei der Planung und Ausführung der Bau­maßnahme wurde besonderer Wert auf die Nachhaltigkeit gelegt. So wurden beim Roh­bau, der Fassade und im Ausbau Verbundmaterialien weitgehend vermieden, sodass ein getrennter Rückbau möglich ist. Darüberhinaus kommt neben der Nutzung von Fernwärme und Fernkälte moderne Gebäudetechnik zum Einsatz. Durch den Einsatz einer Anlage für Kraft-Wärme-Kopplung wird Energie effizient erzeugt. Die Anlage zur Rückgewinnung von Wärme bei der Zu- und Abluft reduziert den Energieaufwand bei der Beheizung. Dadurch konnten die Anforderungen der Energieeinsparverordnung 2009 deutlich unterschritten werden.

Für den Kunst-am-Bau-Beitrag wurde die zentrale Sichtbetonwand ausgewählt. Das Kunstwerk „Bereiter“ von Jochen Wagner ist geleitet vom Gedanken, dass im vermeintlich Bekannten noch etwas Unentdecktes zu finden ist. An der zentralen Sichtbetonwand sind alle während des Baus entstandenen, aber ungeplanten Poren mit einer orangen Masse gefüllt. Dadurch wird der Blick auf diese Fehlstellen gerichtet, die wie Flechten zu wuchern scheinen. Der Eingriff kann als Verweis auf das Forschen gelesen werden – auf ein Spiel, das mit einer Entdeckung beginnt, sich in Untersuchungen fortsetzt und letztlich nicht mit einer Nutzbarmachung endet, sondern immer weitergeht.

Bauherr

Land Baden-Württemberg, vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Mannheim und Heidelberg

Nutzer

Universität Heidelberg

Projektleitung

Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Mannheim und Heidelberg

Planung und Bauleitung

ArGe Architekten Leins; Ohnemus, Wagner Freie Architekten, Waldkirch

Gesamtbaukosten

22 Mio. Euro

Bauzeit

06/2013-05/2017