
Haus des Landtags in Stuttgart
Stuttgart - Landtag Baden-Württemberg
Der Landtag von Baden-Württemberg möchte sich stärker den Bürgerinnen und Bürgern öffnen. Die jährlich mehr als 40.000 Gäste sollen professioneller empfangen und betreut werden können. Außerdem sollen vermehrt Veranstaltungen stattfinden, bei denen die Abgeordneten mit den Besucherinnen und Besuchern ins Gespräch kommen. Doch das denkmalgeschützte Landtagsgebäude bietet dafür zu wenig Platz. So ist eine Erweiterung in einem Neubau in unmittelbarer Nähe und in Verbindung zum Landtagsgebäude geschaffen worden.

Ursprünglich war das Landtagspräsidium von einem oberirdischen Pavillon zwischen dem Landtagsgebäude und dem Opernhaus ausgegangen. Dies stellte sich jedoch äußerst problematisch dar, da die prägnante städtebauliche Wirkung des denkmalgeschützten Landtagsgebäudes nicht beeinträchtigt werden durfte. In den Diskussionen mit der Stadt Stuttgart und den Denkmalschutzbehörden wurde klar, dass ein solches Projekt nur als unterirdische Lösung realisierbar ist.
Unter dieser Vorgabe wurde ein VOF-Verfahren mit Projektskizze für ein Bürger- und Medienzentrum durchgeführt. Dem Ziel des respektvollen Umgangs mit der denkmalgeschützten Umgebung folgend, wurde das Gebäude als landschaftliches Element in den Park einfügt, ohne dass es als architektonischer Körper wahrgenommen wird. An der Oberfläche treten lediglich die Glasbrüstungen um die Lichthöfe sowie der Glaszylinder des neuen Aufzugs in Erscheinung. Um das unterirdische Gebäude trotzdem von außen sichtbar und auch repräsentativ zugänglich zu machen, ist ein großzügig angelegter Hof vorgelagert. Damit wird die Idee der historischen Agora neu interpretiert. Der städtische Platz bildete damals das politische und kulturelle Zentrum der Gesellschaft. Der Agorahof des neuen Bürger- und Medienzentrums ist umgeben von halbkreisförmig angeordneten Sitzstufen mit hölzernen Auflagen, die zum Verweilen einladen. Dadurch entsteht eine atmosphärische Kulisse, die für Veranstaltungen jeglicher Art geeignet ist – die vom Landtag gewünschte Plattform für den Dialog.

Von der öffentlichen Agora gelangen die Gäste durch eine Sicherheitsschleuse mit Pförtnerkontrolle in das Gebäude. Das weitläufige Foyer schließt mit seiner bodengleichen Glasfassade direkt an die Agora an und schafft eine mit Tageslicht durchflutete Eingangssituation. Das Foyer ist der zentrale Raum des unterirdischen Neubaus, der alle Funktionen und Nebenräume miteinander verbindet. Bei Veranstaltungen können die Fassadentüren zwischen Foyer und Agora geöffnet, sodass Innen- und Außenraum schwellenlos miteinander verbunden werden. Eine auf Anregung des Landtags im Foyer integrierte interaktive Ausstellung informiert die Besucherinnen und Besucher über die Arbeit des Parlaments.
Im Bürger- und Medienzentrum stehen dem Landtag nun Räume für die Besucherbetreuung und ein Konferenzzentrum für die Landespressekonferenz mit den zugehörigen Nebenräumen zur Verfügung. Die neuen Konferenzsäle, die zur Entlastung der Raumsituation im Haus des Landtags beitragen, sind mit modernster Medien- und Gebäudetechnik ausgestattet. Dadurch, dass sie jeweils paarweise um die zwei großzügigen, runden Lichthöfe angeordnet sind, ist trotz der unterirdischen Lage eine natürliche Belichtung möglich. Durch einen direkten unterirdischen Zugang mit Aufzug ist der Neubau barrierefrei mit allen Ebenen des Landtagsgebäudes verbunden. Das Innenraumkonzept knüpft an das von Offenheit und Transparenz geprägte Konzept des Haus des Landtags an, wobei die dort eingesetzten Materialien modern interpretiert wurden. So sind beispielsweise die Eichenholzverkleidungen und der Natursteinbelag in den öffentlichen Bereichen aufgegriffen. Die Sichtbetonwände erhielten durch eine Schalung aus Grobspanplatten eine neuartige, spannend unregelmäßige Struktur. Zudem sorgen raumhohe Verglasungen zwischen den Konferenzräumen und dem Foyer für ein hohes Maß an Transparenz und für vielfältige Sichtbezüge bis in den Außenraum der Agora.
In einem der beiden Lichthöfe steht die Skulptur „Der Volksvertreter oder der Bauer von A2“ von Beat Zoderer aus Wettingen in der Schweiz. Der Kopf der überdimensionalen Schachfigur ragt aus dem unterirdischen Bürger- und Medienzentrum heraus und macht diese somit von innen und von außen sichtbar. Die Skulptur steht als Symbol für die Bürgerinnen und Bürger und soll den Volksvertretern bildlich vor Augen führen, für wen Politik gemacht wird und von wem sie gewählt werden.
Bauherr
Land Baden-Württemberg, vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Stuttgart
Nutzer
Landtag von Baden-Württemberg
Planung Haus des Landtags
Staab Architekten
Planung Bürger- und Medienzentrum
Henning Larsen GmbH
Projektleitung
Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Stuttgart
Gesamtbaukosten
rund 70 Mio. Euro
Gesamtbauzeit
02/2014–05/2017
Auszeichnungen
Haus des Landtags:
Beispielhaftes Bauen 2019 (Architektenkammer Baden-Württemberg)
Bürger- und Medienzentrum:
Beispielhaftes Bauen 2019 (Architektenkammer Baden-Württemberg)